Von Oliver Fritzsch
Xinjiang, das Uigurische Autonome Gebiet im Nordwesten Chinas ist für seine atemberaubende Landschaft und ethnische Vielfalt bekannt. Im Juni reise ich in den n?rdlichen Teil von Xinjiang, das etwa 4,6-mal so gro? wie Deutschland ist, um seinen einzigartigen Charakter zu erleben.
Traumhaft hügeliges Grasland und Bergkulisse
Ein Flusstal unweit der Stra?e ist die erste gro?e Attraktion. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Ich bin in Nilka, etwa drei Autostunden von Yining entfernt. Heute m?chte ich die viel beschworene Graslandschaft von Tangbula besuchen. Dafür musste ich früh aus den Federn. Das ist w?rtlich gemeint, denn im Hotel schl?ft man mit Daunendecken. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind hier gro?. In den frühen Morgenstunden hatte es nur zehn Grad.
Die Landschaft entlang der überlandstra?e S315 ist abwechslungsreich. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Ich fahre ostw?rts auf der S315, einer überlandstra?e, die etwa 100 Kilometer durch ein Gebiet führt, das auch die ?chinesische Schweiz“ genannt wird. Die Landschaft ver?ndert sich zunehmend: trockenes braunfarbiges Land weicht grünen Wiesen. Mehrmals wird unser Bus von Schafsherden aufgehalten, die von Hirten vorw?rtsgetrieben werden. Es sind mehr und mehr B?ume zu sehen und am Horizont tauchen Berge mit schneebedeckten Gipfeln auf. Wir machen einen Stopp und laufen einige hundert Meter ins Grüne. Vor uns liegt ein Abgrund, durch den ein Fluss mit sedimenthaltigem Hochgebirgswasser flie?t. Der Ausblick ist überw?ltigend. Ich atme tief durch. Ein Gefühl von Weite und Freiheit kommt auf.
Immer wieder sieht man grasende Kühe. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Nach einigen Minuten setzen wir die Fahrt fort und immer h?ufiger bekomme ich grasende Kühe und rennende Pferde zu sehen. Der Fahrer redet vom Reiten und h?lt wenige Kilometer sp?ter in der N?he einiger Reiter. Die Pferdeführer sind Angeh?rige der kasachischen Ethnie und sitzen seit dem vierten Lebensjahr im Sattel. Meine Reitkünste halten sich zwar in Grenzen, aber auf dem Rücken eines Pferdes erlebt man die faszinierende Graslandschaft noch wesentlich intensiver als durch die Fensterscheibe eines Busses. Und ich muss zugeben, dass die Landschaft mit den grasgrünen Wiesen, den dunkelgrünen Nadelb?umen und den bis zu 2.800 Meter hohen Bergen tats?chlich einigen Gegenden in den Alpen ?hnelt.
Kasachische Jurten. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Pferde einer Nomadenfamilie. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Es ist Mittag und die Sonne steht hoch, aber es weht ein angenehmer Wind. Wir setzen unsere Fahrt gen Osten fort. Die grasbedeckten Hügel werden m?chtiger, die T?ler tiefer und die B?ume weniger. In der Ferne erblicke ich immer h?ufiger Jurten, um die herum Schafe und Pferde zu sehen sind. Wenig sp?ter halten wir an zwei Jurten an, neben denen eine Herde aus etwa 20 Pferden steht. Der Fahrer warnt mich, nicht zu nah heranzugehen, weil die Nomaden meist Hunde haben. Vor den Jurten steht ein Ofen aus Erdmaterial, in dem vermutlich Brot gebacken wird. Aus einer der Jurten lugt ein Kindergesicht heraus. Ein Junge, vielleicht acht Jahre alt, blickt mit gro?en Augen zu mir herüber. Was er wohl denken mag? Ich l?chele ihm zu und er verschwindet rasch wieder in der Jurte.
Auf einigen Campingpl?tzen kann man in einer Jurte übernachten. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Zurück im Bus erblicke ich am Stra?enrand ein sitzendes Kamel, das an einen Zaun gebunden ist. In dieser Landschaft habe ich das gar nicht erwartet, doch es soll hier noch mehr davon geben. Die Natur hier ist eigentlich schon allein eine Reise nach Xinjiang wert. Ich genie?e das Dahingleiten durch die Landschaft. Nach einiger Zeit halten wir an einer Gastst?tte entlang der Stra?e und es wird Milch von Pferden aus der Region serviert. Die fermentierte Stutenmilch ist dünnflüssig und schmeckt ziemlich sauer. Ich trinke jedoch nicht zu viel davon, denn nach einem Teller Nudeln und mehreren Stücken Hami-Melone warnt uns der Fahrer erneut. Vom Parkplatz aus genie?e ich nochmal den Ausblick auf die Umgebung, bevor wir umdrehen und ich nach Yining zurückkehre.
Sattes leuchtendes Grün dominiert die weitl?ufige Landschaft. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)